Wie wichtig es ist, die Dinge auch mal positiv zu formulieren.

Warum ich Worte wie 'nicht' und 'kein' weitestgehend versuche zu vermeiden und wie sich das auf mein Leben ausgewirkt hat. 


Während meines FSJs in Offenbach (siehe Blogeintrag über People's Theater) haben mein Team und ich oft darüber gesprochen, inwiefern positive oder negative Formulierungen eine Aussage beeinflussen. Wenn beispielsweise ein Kind in einer Konfliktsituation auf eine Art und Weise gehandelt hat, die man von Außen betrachtet als suboptimal bezeichnen würde, wie kann man das Kind darauf aufmerksam machen?

Sagt man etwa so etwas wie "Das war jetzt gerade aber nicht so gut." oder sogar noch verstärkt "Das hast du nicht gut gemacht.", so ist die Aussage an sich wohl korrekt, aber nicht unbedingt pädagogisch wertvoll vermittelt. Das Kind bekommt das Gefühl, es habe etwas falsch gemacht, hat aber keine Ahnung was genau es falsch gemacht hat und was es eventuell hätte anders machen können. Eventuell lernt das Kind, dass es Konflikten völlig ohnmachtslos ausgeliefert ist. Es könnte eigenes Handeln sogar mit negativer Kritik assoziieren und nur weiter in einen Teufelskreis der Handlungsunfähigkeit rutschen.

Lässt man stattdessen dem Kind den Raum, die Situation selbst zu bewerten, etwa durch Formulierungen wie "Und, wie ist das jetzt gelaufen?" oder "Denkst du, die Situation wird sich bessern oder in Zukunft nicht mehr vorkommen?", wird man oft von der Einschätzungs- und Lernfähigkeit eines Kindes überrascht. Nicht nur merkt es, dass irgendwas hier schief gelaufen ist, sondern es wird gedanklich dazu angeregt, über sein eigenes Handeln und den damit verbundenen Einfluss auf eine Situation nach zu denken. Es erlernt Verantwortungsbewusstsein, Selbstständigkeit und wird darin bestärkt, an Konfliktsituationen aktiv teil zu nehmen um sie zu verändern.

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Es geht also darum, negative Dinge so zu formulieren, dass sich der oder die Angesprochene ernst genommen fühlt und durch eine Aussage wachsen kann. Aber wie kann man das bewerkstelligen?

Nun, bei uns bestand die Krux aus den einfachen Worten 'nicht' und 'kein' (und die grammatikalisch passenden Variationen). Mein Team und ich haben für uns selbst bemerkt, dass ein so kleines und unscheinbares Wort je nach Kontext und Aussage für großen Schaden sorgen kann. Negationswörter treten im alltäglichen Sprachgebrauch unglaublich häufig auf, allerdings ist man sich dessen nur selten bewusst. Es sind ja auch nur unauffällige Kleinigkeiten, nicht wahr?

Nach intensiver Diskussion haben wir alle angefangen, darauf zu achten, Verneinungswörter so gut es geht zu vermeiden. Anfangs war das echt schwierig, einfach nur weil es für alle neu und ungewohnt war. Plötzlich musste man Sätze anders aufbauen, neue Worte für alte Aussagen finden. Glücklicherweise ist die Deutsche Sprache eine reiche Sprache mit unglaublich vielen 'Ausweichmöglichkeiten', wenn man so will. Mit Zeit und ein wenig Mühe ist diese Hürde leichter überwindbar geworden. Natürlich lassen sich Negationsworte hier und da nicht umgehen, da kann man sich noch so anstrengen.

Aber: Die Auswirkung bei Kindern und Jugendlichen war in unserer Erfahrung phänomenal. Wie bereits weiter oben erwähnt war der Lerneffekt viel größer als noch davor. Es kam dann auch schon mal öfter vor, dass Lehrer und Lehrerinnen uns darauf angesprochen haben, wie wir es denn schaffen würden, dass ihre sonst so trägen Schüler bei uns voll und ganz dabei waren. Gut, dies mag natürlich nicht allein daran gelegen haben, dass wir Verneinungen umgangen haben - allerdings sind wir uns einig, dass diese Einstellung einen wichtigen Part zur Atmosphäre beigetragen hat.

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Auch nach meinem FSJ habe ich versucht, Negationsworte so gut wie möglich zu umgehen. Ich dachte mir: Wenn das alles so gut bei Kindern und Jugendlichen funktioniert, warum dann auch nicht bei Erwachsenen? Oder auch allgemein im Leben?

Mittlerweile sind etwa drei Jahre vergangen, seit ich diese Einstellung in mein Leben mit aufgenommen habe. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass so etwas triviales wie eben der Gebrauch oder das Vermeiden von Verneinungsworten einen riesigen Unterschied macht, egal ob im Gespräch mit Anderen oder in der eigenen Gedankenwelt. Ich fühle mich beispielsweise viel befreiter von an sich negativen Dingen des Lebens.

Es scheint in manchen Situationen zwar immer noch leichter, einfach schwarz zu sehen - besonders im Hinblick auf aktuelle Geschehnisse in den Nachrichten. Im Allgemeinen aber lohnt sich das Umschalten auf einen realistischen Positivismus - ob im verbalen oder gedanklichen Sprachgebrauch - meiner Meinung nach auf jeden Fall.



NuraKaber

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